Viel Spaß für wenig Geld: Das Bains des Paquis hat das ganze Jahr über geöffnet mit einer Buvette, in der man gut und günstig direkt am See essen kann. Das traditionsreiche Bad gibt es schon seit 1872 und wurde in den 80iger Jahren durch ein Volksreferendum vor einer bevorstehenden Schließung bewahrt. Der Eintritt im Sommer beträgt für Erwachsene nur zwei Franken und wird von der Stadt Genf gesponsert.
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Sobald die Temperaturen steigen, gibt es nach Büroschluss für mich nur ein Ziel: das Bains des Paquis. Wo ist Dein Lieblingsplatz in Genf?
AUSZUG AUS GENEVA GIRL - SAISON 1
12. MÄRZ 2016
Das Bains des Paquis war mein Lieblingsplatz in Genf. In der Buvette, dem angeschlossenen Selbstbedienungsrestaurant, saß im Sommer der gutgekleidete Banker neben den Bikinischönheiten, Familien und Teenagern. Auch an diesem strahlenden Wintertag herrschte schon reger Betrieb. Da ich noch nichts gegessen hatte, verspürte ich einen Bärenhunger. Vor der Ausgabe hatte sich wie so häufig an sonnigen Tagen eine Schlange gebildet. Als ich gerade ein Tablett nehmen wollte, fiel mir der Mann in der Reihe schräg hinter mir auf. Ich war mir sicher, ihn schon einmal irgendwo gesehen zu haben. Doch er zeigte keinerlei Zeichen des Erkennens.
Ich hatte das Gefühl, er blickte absichtlich in eine andere Richtung. Vielleicht hatte ich mich aber auch getäuscht. Er sah aus wie ein typischer Franzose. Schlank, nicht besonders groß, modisch kurz geschnittenes dunkles Haar. Über der Jeans trug er eine dunkelblaue Kapuzenjacke. Das einzig Bemerkenswerte an ihm war seine verspiegelte Sonnenbrille.
Die Reihe vor mir lichtete sich rasch, so dass ich kurz darauf bereits vorne am Ausschank stand und meine Bestellung aufgeben konnte. Ich entschied mich für einen Kaffee und den Karottenkuchen. Mit meinem Tablett in der Hand sah ich mich nach einem freien Platz um. Am liebsten saß ich direkt am See. Ein einzelner Platz war sogar noch frei und ich schlängelte mich durch die Sitzreihen. Den vermeintlichen Bekannten mit der Sonnenbrille konnte ich allerdings nirgendwo entdecken.
Mittlerweile war ich mir hundertprozentig sicher, dass ich ihn schon einmal gesehen hatte. Aber wo? Vielleicht bei der UNO? Das machte wohl am meisten Sinn. Doch ich dachte nicht weiter darüber nach. Lieber widmete ich mich meinem verspäteten Frühstück und ließ mir die Sonne ins Gesicht scheinen. Schon bald war mir so warm, dass ich den Mantel auszog und über die Stuhllehne warf.